Umgang mit der AFD
Gründung als eurokritische Partei
Mit der 2013 gegründeten Alternative für Deutschland (AfD) hat sich zum ersten Mal in der Bundesrepublik eine Partei am rechten Rand des Parteiensystems flächendeckend etablieren können. Entstehungshintergrund war die im Gefolge der internationalen Finanzmarktkrise ab 2010 ausbrechende Krise der Europäischen Währungsunion, deren Bewältigung durch die EU und ihre Mitgliedstaaten die AfD als grundsätzlich verfehlt ansah. Politikwissenschaftler apostrophierten die AfD in ihrer Gründungs- und Aufbauphase als liberal-konservativ ausgerichtete "eurokritische", aber noch nicht als rechtspopulistische Partei. Erst ab 2014 begann sie - angetrieben durch ihre Wahlerfolge in den ostdeutschen Ländern - ein rechtspopulistisches und rechtsextremes Profil herauszubilden.
Die Vorgeschichte der AfD lässt sich bis zum Maastrichter Vertrag von 1992 zurückverfolgen, mit dem die Einführung der gemeinsamen europäischen Währung beschlossen wurde. Nach einer erfolglosen Klage vor dem Bundesverfassungsgericht im Oktober 1993 hatte sich eine Gruppe von Euro-Gegnern um den früheren bayerischen FDP-Vorsitzenden Manfred Brunner entschlossen, den Widerstand politisch fortzusetzen und die Partei "Bund Freier Bürger" gegründet. Dieser bettete die Kritik an der europäischen Einheitswährung in ein weiter gefasstes rechtspopulistisches Konzept ein, das auch Themen wie Kriminalitätsbekämpfung und Zuwanderung ansprach. Die Verknüpfung konservativer und liberaler Elemente, die an das Erfolgsrezept der österreichischen FPÖ erinnerte, wurde von der AfD zwanzig Jahre später in ähnlicher Form übernommen. Joachim Starbatty, der einer der Kläger gegen den Maastricht-Vertrag und 1994 für kurze Zeit stellvertretender Bundesvorsitzender des BFB gewesen war, gehörte im September 2012 zu den Gründungsmitgliedern der von Bernd Lucke, Konrad Adam, Alexander Gauland und anderen ins Leben gerufenen "Wahlalternative 2013", aus der kurz darauf die AfD hervorging.
Den unmittelbaren Entstehungsanlass der neuen Partei kann man zeitlich ziemlich exakt auf dem 25. März 2010 datieren. An diesem Tag hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel direkte Finanzhilfen an die von der Eurokrise besonders hart getroffenen Griechen in einer Rede vor dem Bundestag ausgeschlossen, um dem ersten Rettungspaket für Griechenland auf dem wenige Stunden später stattfindenden EU-Gipfel dennoch zuzustimmen (Niedermayer 2015: 177). Merkels Rechtfertigung ihrer Entscheidung als "alternativlos" wurde zum geflügelten Wort und Aufhänger für die Namensgebung der Wahlalternative und AfD.
Eine Schlüsselrolle im Gründungsprozess spielte der Hamburger Volkswirtschaftsprofessor Bernd Lucke. Dieser hatte im Herbst 2010 ein "Plenum der Ökonomen" ins Leben gerufen, dessen eurokritische Appelle über die Grenzen der Fachöffentlichkeit aber zunächst nicht hinauswirkten. Politische Schubkraft entwickelte das Thema erst mit der sich 2011 abzeichnenden Verstetigung der Rettungspolitik durch die Einführung eines dauerhaften Stabilitätsmechanismus (ESM), der auch in den Regierungsparteien CDU/CSU und FDP auf Vorbehalte stieß. Unter dem Titel "Bündnis Bürgerwille" formierte sich nach der Zustimmung des Bundestags zum ESM Mitte 2012 eine überparteiliche Sammlungsbewegung gegen die Europolitik, der neben einer Reihe von Unions- und FDP-Politikern auch die späteren Protagonisten der AfD angehörten; außer Lucke zählten hierzu z.B. der frühere Industrieverbandspräsident Hans-Olaf Henkel und die Initiatorin der christlich-fundamentalistischen Internetplattform "Zivile Koalition" Beatrix von Storch. Der entscheidende Schritt zur Parteigründung erfolgte mit der von Lucke, Konrad Adam und Alexander Gauland lancierten "Wahlalternative 2013". Diese strebte für die Bundestagswahl zunächst eine Zusammenarbeit mit den "Freien Wählern" an, was aber im ersten Probelauf bei der niedersächsischen Landtagswahl Anfang 2013 nicht den erhofften Wahlerfolg brachte. Grundsätzliche Zweifel an der Kampagnenfähigkeit der sich eher als kommunalpolitische Kraft verstehenden Freien Wähler veranlassten Lucke, Adam und Gauland schließlich, mit der AfD das Projekt einer eigenen Partei zu betreiben.
Auf dem Berliner "Gründungsparteitag" am 13. April 2013 - gut zwei Monate nach der offiziellen Gründung am 6. Februar - wurden Bernd Lucke, Konrad Adam und Frauke Petry zu gleichberechtigten Sprechern des Parteivorstandes gewählt. Dank ihrer guten Ressourcenausstattung, die sie auch den Beziehungen zur mittelständischen Wirtschaft verdankte, gelang der AfD ein schneller Organisationsaufbau. Die schon vor dem Parteitag angelaufene Gründung der 16 Landesverbände war im Mai 2013 abgeschlossen; die Partei zählte zu dieser Zeit rund 10.000 Mitglieder. Die AfD konnte viele Überläufer in ihren Reihen begrüßen, die fast ausnahmslos aus dem Lager der bürgerlichen Parteien stammten, dort allerdings nur aus dem zweiten Glied. So waren Lucke und Gauland vorher in der CDU gewesen, während Henkel nach einem Umweg über die Freien Wähler von der FDP zur AfD gefunden hatte (Decker 2016: 13 ff.).
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